Was bedeutet Suffizienz?

17. Dezember 2021/Allgemein

Der Begriff Suffizienz kommt aus dem lateinischen von sufficere und bedeutet „ausreichen“ und „genug sein“. Suffizienz beschreibt eine Lebens- und Wirtschaftsweise, die das Ziel hat den Überverbrauch von Energie und Rohstoffen ein Ende zu setzen. Dies bedeutet weniger eigenen Besitz zu haben, Dinge zu leihen oder zu teilen, Neukäufe zu vermeiden und mehr auf Reparatur und Second-Hand zu setzen. Tauschbörsen, die einen Tausch ohne Geld ermöglichen, sind auch ein Teil dieser Philosophie.

Ein suffizienter Lebensstil hinterfragt somit die „Werte“ der derzeitigen Konsumgesellschaft, sowie die Funktionsweise des Wirtschaftssystems. Dabei wird ein suffizienter Lebensstil in keinem Fall als Verzicht oder Rückschritt betrachtet, sondern als ein Besinnen auf das Notwendige und das Wertschätzen von Freizeit, Ruhe und der vielfältigen Flora und Fauna. Der Konsum, der unumgänglich ist, soll folglich möglichst gut mit der Natur vereinbar sein.

Suffizienz ist nicht als das alleinige Werkzeug für mehr Nachhaltigkeit zu sehen, sondern ist in Kombination mit anderen Nachhaltigkeitsprinzipien, wie der Konsistenz und Effizienz zu betrachten. Hier eine kurze Erklärung der drei Begriffe mit Beispielen:

  • Konsistenz: Dabei wird nach alternativen Technologien und Stoffen, die besser für die Natur und Umwelt sind, von der Herstellung über Nutzung bis Recycling zur Wiederverwertung, gesucht.

Beispiel: Ein Unternehmen verpackt seine Getränke in Mehrwegflaschen an Stelle von Tetrapacks.

  • Effizienz: Wir sprechen von effizientem Handeln, wenn ein Ziel mit möglichst wenig Ressourcenaufwand erreicht wird. Häufig erfolgt diese mittels technischen Innovationen oder Verbesserungen.

Beispiel: Ein Unternehmen nutzt aufgewärmtes Kühlwasser, dass beim Produktionsprozess anfällt, um mittels Wärmetauscher die eigene Fabrikhalle zu beheizen.

  • Suffizienz: Suffizienz strebt einen geringen Verbrauch von Ressourcen durch eine verringerte Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen an. Suffizientes Verhalten versucht nicht bestehende Bedürfnisse mit weniger oder einem geänderten Ressourcenaufwand zu befriedigen, sondern Bedürfnisse werden hinterfragt und auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft.

Beispiel: Ein Unternehmen überprüft die Reparaturmöglichkeiten eines Smartphones und bemerkt, dass dieses leicht selbst reparierbar ist. In Folge stellt es Ersatzteile zur Verfügung, damit mehr Personen eine Reparatur dem Neukauf vorziehen.

Beispiele für Suffizienz

In Österreich werden jährlich 157.000 Tonnen Lebensmittel entsorgt. Dabei hätten die meisten bei rechtzeitigem Konsum verzehrt werden können. Es gibt einige gute Strategien um Abfälle zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden. Beispielsweise die Haltbarkeit durch die eigenen Sinne zu evaluieren, anstatt blind dem Mindesthaltbarkeitsdatum zu folgen und dieses als Verfallsdatum zu interpretieren. Eine weitere Möglichkeit ist die Zubereitung von Mahlzeiten besser zu planen und somit ganz gezielt einzukaufen. Eine korrekte Lagerung kann auch die Genießbarkeit verlängert werden und es sollte dann der Kühlschrank dem folgend „leer gegessen“ werden je nachdem welches Produkt zuerst abläuft.

Die verpflichtende Garantiezeit von technischen Produkten beträgt gerade einmal zwei Jahre. Wenn das gekaufte Produkt in diesem Zeitraum kaputtgeht, muss es getauscht oder repariert werden. Eine Reparatur zahlt sich jedoch oftmals nicht aus, da die Geräte nicht dementsprechend konzipiert werden. Daher werden die Geräte einfach ausgetauscht und durch neue ersetzt. Dies ist grundsätzlich weniger zeitaufwändig und kostengünstiger für die Unternehmen. Dabei wird jedoch der Ressourcenverbrauch in die Höhe geschraubt und sehr viel Abfall produziert. Oftmals ist es sogar von den Unternehmen geplant, dass Geräte zu einem gewissen Zeitpunkt kaputtgehen (Obsoleszenz). Verbraucher*innen sind demnach gezwungen sich ein neues Gerät anzuschaffen.

Auch wenn es einige Ausnahmen gibt, die meisten Geräte könnten viel länger halten. Es wäre eigentlich sinnvoll, wenn bei der Produktion von Geräten Qualitätsmerkmale wie Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit eine größere Rolle spielen würden und diese beim Kauf des Produktes auch mit Labels dargestellt werden. Suffizient wäre hierbei wenn die gesetzlichen Garantiezeiten erhöht werden und dadurch der Anreiz für die Firmen, langlebigere Produkte zu bauen um finanzielle Einbußen zu vermeiden, erhöht würde. Gut wäre daher immer das jeweils beste Produkt als Mindeststandard für Regularien und Richtlinien herzunehmen, da in Folge alle Firmen dieses Niveau erreichen müssten.

Die beiden aufgezeigten Beispiele beziehen sich nicht ausschließlich auf die persönliche, sondern auch auf die politische beziehungsweise wirtschaftliche Ebene. Viele suffizient lebende Menschen fordern daher eine Umstrukturierung des Wirtschaftssystems. Dies wollen sie über die Politik erreichen. Die Politiker*innen sollen in ihren Augen die Firmen zu einem suffizienten Handeln durch Gesetze lenken und in Folge dessen den Konsument*innen bei einem suffizienten Lebensraum unterstützen.

Wohlstand und Glück sollen nicht mehr mit materiellen Dingen in Zusammenhang gebracht werden oder mit einem hohen Einkommen, im Sinne der Suffizienz sollen Glück und Wohlstand wieder mehr auf Immateriellen Werten basieren wie Familie, Freunden*innen, einer*m Lebenspartner*in, viel Freizeit, Handlungsfreiheit im persönlichen Tun und möglichst wenige Einschränkungen durch die Arbeit. Einen Arbeitsplatz sollte nach dieser Philosophie mit mehreren Menschen geteilt werden, damit jeder*m mehr Freizeit zugutekommt. Nachdem suffizient zu leben eine sehr sparsame Weise um zu leben ist, würde diesen Menschen ein Drittel oder Viertel vom derzeitigen Gehalt nicht einschränken in ihrem Tun. Somit lässt sich Suffizienz auch als eine Kritik am Kapitalismus und den westlichen „Werten“ verstehen.

Filmtipp

Zum Thema Suffizienz kann ich dir den Film „Minimalism: A documentary´about the important things“ empfehlen. Der Film überdenkt das stetige Konsumverlangen in der Gesellschaft und zeigt Wege und Möglichkeiten für einen suffizienten Lebensstil auf. Der Film bringt Beispiele von Personen aus unterschiedlichen Lebenssituationen und macht darauf Geschmack, dass weniger mehr ist. Der Film ist in den USA 2015 erschienen und hat daher einen US-amerikanische Sichtweise.

Falls du noch mehr Dokumentarfilme zu den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit sehen möchtest, dann sieh dir diesen Artikel an.


Quellen

Ebinger, K., Neumann, S., Seyfang, H., Franzen, E., Kraus, J., & Wochner, N. (2017): Ein gutes Leben für alle! Eine Einführung in Suffizienz. Aufgerufen am 21. Oktober 2020, von https://www.bund-bawue.de/fileadmin/bawue/Dokumente/Themen/Nachhaltigkeit/Suffizienz_Gutes_Leben_fuer_Alle.pdf

Was ist Suffizienz? (14. Februar 2017): Aufgerufen am 21. Oktober 2020, von  https://www.bundjugend.de/was-ist-suffizienz/

Paschotta, D. (14. März 2020): Suffizienz. Aufgerufen am 21. Oktober 2020, von https://www.energie-lexikon.info/suffizienz.html

Was bedeutet die Suffizienz Strategie und wie kann ich diese anwenden? (09. Februar 2020): Aufgerufen am 21. Oktober 2020 von https://www.hejhej-mats.com/suffizienz-strategie/

Singer, S. (07. April 2019): Suffizienz: Das bedeutet der Begriff in der Nachhaltigkeitsforschung. Aufgerufen am 21. Oktober 2020, von  https://utopia.de/ratgeber/suffizienz-das-bedeutet-der-begriff-in-der-nachhaltigkeitsforschung/

Minge, B. (04. Februar 2019): Suffizienz, Konsistenz und Effizienz – Drei Wege zu mehr Nachhaltigkeit. Aufgerufen am 21. Oktober 2020, von https://www.relaio.de/wissen/suffizienz-konsistenz-und-effizienz-drei-wege-zu-mehr-nachhaltigkeit/

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