Auswirkungen von Smartphones auf Umwelt, Mensch und Klima

10. August 2021/Konsum

Die Rohstoffe in unseren Smartphones

Wir Jugendlichen sind es mittlerweile gewöhnt uns alle 24 Monate ein neues Smartphone zu zulegen. Dafür gibt es viele passende Angebote. Fraglich dabei ist, ob sich jede*r beim Kauf eines Smartphones schon über dessen Herstellung und die Gewinnung der dafür nötigen Rohstoffe Gedanken gemacht hat…. Somit will ich euch im folgendem Artikel erklären warum die Produktion von Smartphones schädlich ist und wie jede*r einzelne einen Beitrag zur Vermeidung von diesen negativen Auswirkungen leisten kann.


Status quo in Österreich

In Österreich besitzen rund 97% der Bevölkerung ein Smartphone (Stand 2020). Die ist Tendenz steigend. Das Alter indem ein Smartphone erworben wird sinkt stetig. Mittlerweile besitzt rund die Hälfte aller 8 – 10-Jährigen in Österreich ein eigenes Handy. Immer mehr Pensionist*innen greifen ebenfalls auf Smartphones zurück. Die hohe Zahl ist zudem auch darauf zurückzuführen, dass viele zusätzlich ein Diensthandy nutzen und somit im Besitz von zwei Handys sind. Weltweit betrachtet existieren in manchen asiatischen Ländern, beispielsweise Korea und Japan doppelt so viele Handys wie es Einwohner*innen gibt. Eine Tendenz in diese Richtung zeichnet sich auch bei uns in Österreich ab.


Am Beginn eines jeden Smartphones stehen immer einige essenzielle Rohstoffe. Für ein durchschnittliches Smartphone werden circa 60 – 65 verschiedene Materialen gebraucht. Diese Materialen enthalten verschiedenste Metalle, wie beispielsweise Tantal, Gold oder Lithium. Ein großer Teil davon sind seltenen Erden und Edelmetallen. Dabei sind auch Konfliktrohstoffe darunter, wie zum Beispiel Tantal. Konfliktrohstoff: Ein Konfliktrohstoff ist ein Rohstoff, der in einem Konflikt- und Hochrisikogebieten abgebaut wird. Der Abbau erfolgt oftmals illegal und außerhalb staatlicher Kontrolle. Dabei werden Menschen- und Völkerrechtsverletzungen systematisch in Kauf genommen. Der Abbau wird meist von Rebellen oder Terrormilizen bewacht. Folgend gibt es eine Übersicht über die Gewinnung der Rohstoffe, die im Smartphone enthalten sind.

Tantal

Tantal wird im Handy als Bestandteil der Leiterplatte genutzt. Der weltweite Hauptlieferant von Tantal ist der Kongo. Dort kommt der Rohstoff großflächig vor und ist somit sehr leicht zu erschließen. Der Abbau ist zudem sehr günstig ist. Im Abbaugebiet (im Osten Kongos) herrscht seit Jahren ein Bürgerkrieg, der mittlerweile geschätzt fünf Millionen Todesopfer gefordert hat. Der Bürgerkrieg wird dabei auch durch den Verkauf der abgebauten Rohstoffe finanziert. Daher kann geschlussfolgert werden, dass an allen technischen Geräten, die Tantal beinhalten Blut klebt.

Nach Schätzungen sind ein Drittel der arbeitenden Personen minderjährig und haben natürlich keine Arbeitnehmerrechte oder besitzen eine Schutzkleidung. Die fehlende Schutzkleidung und Arbeitnehmerrechte trifft auch auf die erwachsenen Arbeiter*innen zu. Oftmals sind die Löcher, die ohne Sicherung in die Erde getrieben werden, auch einsturzgefährdet. Jedes Jahr verlieren viele Arbeiter*innen dadurch – nicht nur im Kongo – ihr Leben. Weitere Förderländer von Tantal sind Ruanda, Nigeria, Australien, China und Brasilien.

Abbildung 1: Minenarbeiter in Kongo, sichtbar, dass hier zum einen keine Abstützung der Hänge existiert und Schutzkleidung ebenfalls nicht vorhanden ist. Oftmals werden in solchen Mienen auch keine geschlossenen Schuhe, sondern nur Badeschlapfen oder, wie am Bild zu sehen, gar keine Schuhe getragen.

Kobalt

Ähnliches trifft auch für den Rohstoff Kobalt zu. Dem Abbau von Kobalt in Kongo kommt eine Schlüsselrolle zu. Mehr als 60% des weltweiten Kobalts werden im Kongo abgebaut. Das Abbaugebiet ist somit unabkömmlich für alle diejenigen, die technischen Geräte benutzen. Oftmals sind die Arbeiter*innen mit einfachem Werkzeugen ausgestattet oder graben mit ihren Händen nach dem Metall. Weitere Länder aus denen Kobalt – ebenfalls mit wenig Rücksicht auf die Umwelt und Menschen gefördert werden – sind Sambia und China.

Abbildung 2: Hier ist eine Kobalt Mine in Katanga im Kongo zu sehen, früher wuchs dort dichter Regenwald, nun wird in den ungesicherten Gruben nach Kobalt geschürft.

Kupfer

Kupfer ist ein Metall, welches aus Kupferkies gewonnen wird. In Chile liegen die weltweit größten Kupfervorkommen. Ein Viertel des weltweit geförderten Kupfers kommt aus Chile. Weitere große Abbaugebiete für Kupfererz liegen in China und Peru. In Chile werden für den Abbau ganze Berge abgetragen und indigene Bevölkerung wird aus ihrer Heimat vertrieben. Bei dem Abbau von Kupfer werden auch Chemikalien eingesetzt, die dann Böden und Wasser verseuchen. Dadurch sind die Böden für die Landwirtschaft nicht mehr nutzbar und das Wasser nicht mehr trinkbar.

Abbildung 3: Das Foto zeigt eine Kupfererz Mine in Chile, beim Abbau von Kupfererz werden zum einen oftmals ganze Berge abgebaut oder wie in dem Foto zu sehen extrem tiefe Krater in den Boden gegraben.

Eisen

Die Schrauben der meisten Smartphones bestehen aus Eisen, dieses wird aus Eisenerz gewonnen, welches in sehr vielen Ländern Europas, so auch Österreich verfügbar ist, allerdings meist aufgrund von zu geringen Potentialen nicht mehr gefördert wird. Die primären Abbaugebiete liegen nun in China, Australien, Brasilien und Indien. Im brasilianischen Amazonasgebiet liegen die weltweit größten Vorkommen. Dadurch wird die Zerstörung der „grünen Lunge“ weiterhin vorangetrieben und wertvolle Flora und Fauna zerstört. Im Jänner 2019 brach im brasilianischen Regenwald ein Damm eines Absetzbecken einer Eisenerzmine. Das Absetzbecken beinhaltete kontaminierten Wasser  und begrub einige Dörfer. Beim Dammbruch von Brumadinho kamen 270 Menschen ums Leben.

Abbildung 4: Hier ist ein Erzabbaugebiet in Brasilien zu sehen, dafür wurde wie deutlich sichtbar ein Loch in den Regenwald geholzt und das Land den indigenen Einwohnern genommen, in Folge wird die Bodenstruktur zerstört und der Boden mit Umweltgiften kontaminiert.

Aluminium

Die Hardware vieler moderner Smartphones besteht heutzutage meist aus Aluminium welches vor allem in Australien, China, Westafrika (Guinea) und Brasilien abgebaut wird. Beim Übertagebau, egal wo, werden gigantische Flächen einige duzend Meter tief abgegraben und damit das Gebiet biologisch totgemacht. Auf Gestein wächst nichts mehr und der Boden erodiert in Folge durch die Umwelteinflüsse weiter. Zum Auslösen von Bauxit – einem Aluminiumerz – werden hochgiftige Substanzen genutzt, wie beispielsweise Quecksilber, Arsen, Chrom. Das anfallende verschmutzte Wasser wird dann oft in Becken gesammelt. Ein solches Becken aufgrund eines maroden Dammes ist in Ungarn 2010 gebrochen und hat eine ganze Region mit diesen Schwermetallen kontaminiert. In Folge wurden die Menschen, als auch die Tiere im Gebiet.  Fische und andere Wasserlebewesen sterben massenhaft.

Zinn

Zinn wird vorwiegend in Indonesien und dem Kongo abgebaut. Im Kongo dient es, wie auch der Abbau von Kobalt der Finanzierung von Terrormilizen. Der Anteil an Kinderarbeit und menschenunwürdiger Behandlung von dem Arbeitnehmer*innen ist hoch. Zinn kann auch aus Ablagerungen in Flüssen und zum Teil vom Meeresgrund gewonnen werden. In Indonesien werden daher viele natürliche Lebensräume im und am Wasser zerstört. Die Tiere finden in den umgegraben Sedimentschichten kaum noch brauchbaren Lebensraum. Belastend ist der Abbau von dem zinnhaltigen Sediment vor allem daher, weil dadurch im Meer die weltweit bedrohten Korallenriffe kaputt gemacht werden. Zinn wird vor allem für die Legierungen von Leiterplatten sowie das Verlöten von den einzelnen Bauteilen gebraucht.

Abbildung 5: Hier ist der Zinnabbau auf einer der indonesischen Inseln zu sehen, aus tiefen Gruben wird die zinnhaltige Erde aus dem Boden gepumpt. Dabei wird der Boden auf dem sie stehen ausgehöhlt und manchmal brechen diese Leerräume dann ein und begraben die Arbeiter unter sich.

Gold- und Silber

Gold und Silber werden für Kontakte und Anschlüsse auf der Leiterplatte benötigt. Die beiden Metalle werden vorwiegend in China und Südafrika gewonnen – und dies mit der Hilfe von extrem giftigen Substanzen wie Zyanid. Dabei gibt es allgemein kaum Vorschriften dazu. Dadurch werden durch den Abbau von Gold und Silber gigantische Mengen an Wasser und große Flächen vom Boden kontaminiert. Aufgrund der fehlenden adäquate Schutzkleidung verlieren Arbeiter*innen ihr Sehvermögen, wenn sie die giftigen Substanzen in die Augen bekommen.

Abbildung 6: Goldschürfer im Kongo, hier werden ganze Landstriche umgegraben nur um an Gold zu gelangen, welches dann nach dem Auswaschen mit ätzenden Mitteln aus dem Stein gelöst wird. Somit bleiben danach ökologisch tote Landstriche zurück.

Lithium

Für die meisten modernen Akkus wird Lithium benötigt. Dieses wird hauptsächlich in Chile, Bolivien und Argentinien im sogenannten „Lithiumdreieck“ gewonnen. Das Lithium ist im dortigen Grundwasser in sehr hoher Konzentration gelöst. Dieses in künstliche Seen an der Oberfläche geleitet. Dort verdunstet das Wasser durch die Einwirkung der Sonneneinstrahlung. Somit ist die Konzentration des Salzes hoch genug um Lithium – Karbonat erzeugen zu können und dieses in weiterer Folge zu Lithium zu verarbeiten. Die Austrocknung des Grundwassers in den künstlichen Seen führt dazu, dass Wiesen und Feuchtgebiete austrocknen sowie Flussläufe weniger und kleiner werden. Durch das Verladen des Salzes in LKWs und auch durch den Wind der über die ausgetrockneten Becken bläst, leiden die Anwohner*innen oftmals an Atemproblemen. Wenn sich das getrocknete Salz in der Umgebung absetzt, hat dies negative Folgen für die Tiere und die Pflanzen in der Region. Oftmals dringen Firmen für den Lithium Abbau auch in Naturschutzgebiete vor und zerstören diese.

Öl

Ein weiterer Bestandteil von vielen Smartphones und ihren Schutzhüllen ist natürlich Kunststoff, der aus Öl gewonnen wird. Dies lässt sich allerdings leicht vermeiden, indem auf Hüllen aus Holz oder recyceltem Kunststoff gesetzt wird. Somit kannst du einen positiven Beitrag zur CO2 Bilanz beitragen und die Natur schützen.

Die Verarbeitung

Die Herstellung der Einzelteile aus den Rohstoffen findet anschließend zum Großteil in Asien statt, wie auch das Zusammensetzen der meisten Einzelteile. Auch hier werden regelmäßig die Rechte der Arbeitnehmer*innen verletzt. Die Arbeiter*innen müssen innerhalb weniger Sekunden kleinste Einzelteile zusammensetzten und über 10 – 12 Stunden hochkonzentriert bleiben um keine Fehler zu machen. Überstunden werden nicht bezahlt oder müssen gleistet werden, um das Gehalt überhaupt zu erhalten. Oftmals herrscht in solchen Produktionsstätten auch das Prinzip „hire and fire“. Dies bedeutet, dass jede*r Arbeitnehmer*innen binnen weniger Stunden ersetzbar ist. Daher herrscht ein hoher Druck auf jedem*r einzelnen Arbeitnehmer*in. Fehlende Arbeitskleidung in den Fabriken führt bei viele Arbeiter*innen zu Krebs- oder Atemwegserkrankungen. Einen traurigen Tiefpunkt hat dieser Druck auf die Arbeiter*innen 2010 gezeigt. 2010 haben sich ein Duzend Arbeiter*innen des Apple Zulieferers Foxconn das Leben genommen. Seitdem sollen sich die Bedingungen zumindest bei Foxconn gebessert haben. Berichte über schlechte Behandlung der Arbeitnehmer*innen bei anderen Firmen gibt es aber weiterhin.

Abbildung 7: Arbeiter*innen in einer asiatischen Handyfabrik, in dem Fall sehr vorbildlich mit Schutzkleidung, dies ist aber nur in seltensten Fällen so.

Was dieser Rohstoffverbrauch für dich als Nutzer*in mit sich bringt erfährst du bald im Folgeartikel: Der ökologischer Rucksack eines Mobiltelefons.


Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:
Harneis, Julien (31. Oktober 2007): Mining in Kailo (Kongo). Aufgerufen am 12. November 2020, von https://www.flickr.com/photos/julien_harneis/1873459608/

Abb. 2:
Umwelthelden e.V. (25. Juni. 2020). Handys, Internet und die Umwelt. Aufgerufen am 12. November 2020, von https://www.bmu.de/jugend/wissen/details/handys-internet-und-die-umwelt/ Fairphone/CC BY-SA 2.0

Abb. 3:
Jahn, Reinhard (1984): Coppermine Chuquicamata, Chile. Aufgerufen am 12. November 2020, von https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Chuquicamata-002.jpg

Abb. 4:
Nasa, Earth Observatory (26. Juli 2009): Carajás Mine, Brazil. Aufgerufen am 12. November 2020, von https://earthobservatory.nasa.gov/images/39581/carajas-mine-brazil

Abb. 5:
EITI (o.J.): Zinnabbau, Aufgerufen am 12. November 2020, über https://www.abenteuer-regenwald.de/bedrohungen/handy , von https://www.flickr.com/photos/eiti

Abb. 6:
Mummane (24. April 2011): African people at work. Aufgerufen am 12. November 2020, von https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aw_(2).jpg

Abb. 7:
Jurvetson, Steve (11. Oktober 2005): Fabrik Shenzhen. Aufgerufen am 12. November. 2020, von https://www.flickr.com/people/jurvetson/

Quellen*

*Die Quellenauflistung aller Beiträge zum Thema „Die Auswirkungen der Smartphones auf Umwelt, Mensch und Klima“ findest du unterhalb des Beitrages „Was kann jede*r einzelne tun?„.

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